Projektleiter

Prof. Dr. Stefan Leder

Bearbeiter

Dr. Thomas Herzog

Projektbereich A: Grenzen und Übergänge, Teilprojekt A6.II

Das Bild des Beduinen in der arabischen Schriftkultur:
Wahrnehmung der Nomadenkultur und des arabischen Erbes im Mittelalter

Arbeitsbereich II:
Der Beduine in der epischen volkstümlichen Erzählung

Programm

Die volkstümlichen Heldenepen, die sogenannten siyar ša'bîya, bieten uns in ihren zwischen Idealisierung und Abgrenzung schwankenden Darstellungen von beduinischen Akteuren Einblick in die Auseinandersetzung des volkstümlichen identitären Diskurses mit den Beduinen und ihrer Lebensform.

Ausgehend von der Sîrat 'Antar sollen Gegenstand und Formen der Darstellungen möglichst auch in andern arabischen Volksbüchern, die mit der Beduinenwelt verbunden sind, insbesondere der Sîrat Banî Hilâl, aufgenommen werden. Diese Heldenepen, die sich meist an ein städtisches, zum Teil aber auch an ein ländliches, dem Beduinentum verbundenes Publikum richteten, haben ihre entscheidende Formgebung erst seit der Kreuzzugszeit erhalten. Der Arbeitsbereich II führt somit in eine spätere Epoche als Arbeitsbereich I und kann die dort gewonnen Ergebnisse ergänzen.

Bei Monumentalwerken wie der Sîrat 'Antar und der der Sîrat Banî Hilâl stellt sich von vorneherein die Notwendigkeit, auf der Grundlage von ausgewählten Gesichtspunkten zu einer exemplarischen Erfassung der Darstellung von Beduinen zu kommen. Zunächst werden Äußerungen aus einer vom Geschehen geschiedenen, quasi auktorialen Erzählerperspektive als Passagen, die die Position des Betrachtenden preisgegeben, erfasst. Zweitens werden verschiedene Typen beduinischer Akteure identifiziert, ihre Eigenschaften und charakteristischen Taten notiert. Das Augenmerk richtet sich drittens auf die Kennzeichen der sozialen Gliederung (Edle, Freie, Frauen, Sklaven etc.) und politischen Organisation, insbesondere auf Herrschaftsformen und die Formen der Entscheidungsfindung bzw. -vermittlung, die die Erzählung den beduinischen Verhältnissen zuschreibt. Viertens werden die sozialen Umgangsformen, die in der epischen Erzählungen keinen kleinen Stellungswert haben, aufgenommen. Diese werden nach verschiedenen Handlungszielen (Konflikt, Versöhnung, Verbündung etc.) und nach der sozialen Stratifikation der Akteure unterschieden. Schließlich werden fünftens Angaben zur beduinischen Kultur, Wirtschaft, Brauchtum, Festen, Glauben, materieller Kultur erfasst.

Das so gewonnene Bild des Beduinen in einigen arabischen Volksepen wird als Konstrukt interpretiert, durch das ein produktives Bild von beduinischen Werten und beduinischer Lebensweise in eine sesshafte, stark urban bestimmte Gesellschaft der Ayyûbiden-, Mamlûken- und Osmanenzeit integriert und funktionalisiert wird.

Publikationen

Prof. Dr. Stefan Leder

Nomaden und nomadische Lebensformen in arabischer Begrifflichkeit – Eine Annäherung. In: Materialien des SFB "Differenz und Integration" 1 (2002), 11–40.

Wathâ'iq as-samâ'ât li-Mu'jam as-samâ'ât ad-dimašqîya al-muntakhaba min sanati 550 ilâ 750. Receuil de documents fac-similée des certificats d’audition à Damas, 550–750 h./1155 à 1349. Damaskus 2000.

(Hg.) Story-telling in the framework of non-fictional classical Arabic literature. 2. Johann-Wilhelm-Fück Kolloquium Halle 1997. Wiesbaden 1998.

Mu'jam as-samâ'ât ad-dimašqîya al-muntakhaba min sanati 550 ilâ 750. Les certificats d’audition à Damas, 550–750 h./1155 à 1349. Damaskus 1996.

Das Korpus al-Haitham ibn 'Adî (st. 207/822). Herkunft, Überlieferung, Gestalt früher akhbâr-Texte. (Habilitationsschrift Frankfurt 1988.) Frankfurt 1991.

Die arabische Ecloga. Das vierte Buch der Kanones der Könige nach Makarios. Frankfurt 1985 (Forschungen zur Byzantinischen Rechtsgeschichte 12).

Ibn al-Gauzî und seine Kompilation wider die Leidenschaft. Der Traditionalist in gelehrter Überlieferung und originärer Lehre. Wiesbaden 1984 (Beiruter Texte und Studien 32).


Dr. Thomas Herzog

The First Layer of the Sîrat Baibars – Popular Romance and Political Propaganda. In: Mamluk Studies Review 7 (2003), 137–148.

An-naql an-nâqil oder Ein Volksepos als "Über–setzer" am Beispiel der Sîrat 'Antar b. Šaddâd. In: Materialien des SFB "Differenz und Integration" 1 (2002), 45–50.

La Sîrat Baibars: Non-fictionalité prétendue d'un texte fictionnel. In: S. Leder (Hg.): Story-Telling in Non-Fictional Arabic Literature. Wiesbaden 1998, 258–264.

Legitimität durch Erzählung: ayyûbidische und kalifale Legitimation mamlûkischer Herrschaft in der populären Sîrat Baibars. In: In memoriam Ulrich Haarmann. Sektion Geschichte und Kultur der Mamlûkenzeit auf dem 27. Deutschen Orientalistentag in Bamberg. Kiel. In Vorbereitung.

Die Sîrat Baibars: Geschichte und Imaginaire. Genese, Überlieferung und Bedeutung im sozio-politischen Kontext. Wiesbaden. In Vorbereitung.